Artikel teilen:
Bei der Gründung einer Gesellschaft sind regelmäßig wirtschaftliche und rechtliche Aspekte relevant. Das gilt auch bei der Gründung einer Offenen Handelsgesellschaft. In unserem Artikel gehen wir auf wichtige wirtschaftliche und rechtliche Aspekte ein, geben dir Musterdokumente und nützliche Links an die Hand.
https://www.fuer-gruender.de/wissen/existenzgruendung-planen/recht-und-steuern/rechtsform/ohg/
1. Vorüberlegungen zur OHG-Gründung
Folgende wirtschaftliche und rechtliche Aspekte sollte man vor der Gründung einer OHG geprüft haben, bevor man an die Umsetzung geht:
a. Wettbewerbsfähigkeit
Die OHG nimmt am Wirtschaftsverkehr teil und muss darin bestehen. Deshalb solltest Du genau wissen, was deine Gesellschaft machen soll und ob sie tatsächlich damit im Wirtschaftsverkehr bestehen kann. Daher empfehlen wir, dass Du deine Geschäftsidee zur Papier bringst – schreibe auf, was du genau machen willst – und dann überprüfst, ob diese Idee wettbewerbsfähig ist und Du Kunden gewinnen kannst?
Tipp: Mache einen Wettbewerbscheck für deine Idee. Hier ein paar nützliche Links:
Gründerschiff – Wirtschaftlichkeit und Machbarkeit der Geschäftsidee
Fuer-Gruender -> Geschäftsidee
b. Der richtige Mantel
Die OHG ist eine Handelsgesellschaft mit persönlicher Haftung der Gesellschafter. Andere Handelsgesellschaften wie GmbH, UG, KG bzw. GmbH & Co. KG oder auch die einfache Personengesellschaft – GbR – sind für eine Gründung deutlich beliebter als die OHG.
Das liegt daran, dass diese Gesellschaftstypen entweder eine Haftungsbeschränkung ermöglichen (keine unbeschränkte persönliche Haftung) oder der Gründungsaufwand deutlich geringer ist (GbR, mit Einschränkungen auch die UG).
In die OHG kann man auch hineinwachsen, ohne sie gleich gründen zu müssen. Betreibt man beispielsweise zunächst eine GbR (Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts), wird diese nach Überschreitung bestimmter Schwellen (Richtgröße für den Umsatz ist ca. 250.000 €, für die Zahl der Mitarbeiter fünf Mitarbeiter und für das Betriebsvermögen 100.000 €) als kaufmännisch eingerichtete Geschäftseinheit angesehen und ab dann wie eine OHG (offene Handelsgesellschaft) behandelt.
Um die Frage nach dem richtigen Mantel zu entscheiden, solltest Du zusammen mit deinen Mitgründern die verschiedenen wirtschaftlichen, rechtlichen, auch steuerrechtlichen Gesichtspunkte gegeneinander abwägen. Es bietet sich an, die verschiedenen Gesellschaftsformen und Aspekte in einer Tabelle gegenüberzustellen.
c. Das MoPeG
Das Personengesellschaftsrecht (also der rechtliche Rahmen für GbR, OHG und KG) wird durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), das am 1.1.2024 in Kraft tritt, grundlegend modernisiert. Die meisten Änderungen betreffen die GbR und damit auch die OHG, da die Regeln für die GbR weitestgehend auch für die OHG anzuwenden sind. Zu einem überwiegenden Teil ist das MoPeG eine Anpassung der Gesetze an die geltende Rechtsprechung. Das bedeutet, dass sich in der Praxis kaum etwas ändert. Daher ist das Inkrafttreten des MoPeG weder ein Grund, mit der Gründung zu warten noch ein Grund, mit der Gründung der OHG besonders schnell zu sein. Für eine bereits bestehende OHG bietet es sich an, das Inkrafttreten des MoPeG als Anlass zu nehmen, den Gesellschaftsvertrag zu überprüfen und ggf. zu aktualisieren.
Weitere Details zum MoPeG kannst Du u.a. in den nachfolgenden Beiträgen lesen:
ETL – 100 Fragen und Antworten zum MoPeG
Name und Sitz
Es muss ein Name für die Gesellschaft gesucht und festgelegt werden. Zulässig sind auch reine Fantasiebezeichnungen, wobei der Name allerdings nicht irreführend sein darf. Dabei sind Markenrechte und sonstige Rechte Dritter zu beachten. Es ist in der Regel möglich, den Namen mit der IHK abzuklären, um so Risiken auszuschließen. Mit Inkrafttreten des MoPeG am 1.1.2024 kannst Du den Sitz einer OHG auch dann im Inland wählen, wenn die Verwaltung der Gesellschaft tatsächlich im Ausland erfolgt (von praktischer Bedeutung ist das vor allem für KGs mit ausländischen Komplementären).
d. Die Gesellschafter
Es muss überlegt werden, wer Gesellschafter werden soll. Sind Beteiligte minderjährig, muss u.U. ein Ergänzungspfleger bestellt werden, damit sie auch Gesellschafter werden können. Sind mehrere Gesellschafter beteiligt, bietet es sich regelmäßig auch an, eine Gesellschaftervereinbarung abzuschließen. Dort können u.a. Wettbewerbsverbote, Beiträge, Minderheitenrechte, Vetorechte vereinbart werden.
e. Gesellschaftsorgane – weitere Beteiligte
Man sollte überlegen, ob man nur die Gesellschafterversammlung als Beschlussorgan der Gesellschaft möchte oder ggf. noch weitere Organe wie Beiräte oder einen Aufsichtsrat. Falls weitere Organe gewünscht sind, sollte man überlegen, ob sie beratende, überwachende oder auch beschließende Funktion haben und mit welchen Personen diese Organe besetzt werden sollen.
f. Laufende Kosten, Verbindlichkeiten, Persönliche Haftung
Für die laufenden Kosten und deren Verbindlichkeiten aus Geschäften haftet jeder Gesellschafter den Gläubigern in voller Höhe. Etwaige Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern zur Festlegung von Haftungsquoten wirken nur zwischen den Gesellschaftern, können aber keine Haftungsbeschränkung gegenüber dem Gläubiger begründen.
Es empfiehlt sich daher:
- sehr genau zu überlegen, mit wem man zusammen eine OHG begründet
- die laufenden Kosten und Verbindlichkeiten eng zu überwachen
- ggf. die Einzelvertretung auszuschließen (vgl. dazu nachstehend g.)
g. Vertretungsmacht
Nach dem Gesetz ist jeder Gesellschafter der OHG zugleich Geschäftsführer und zur Vertretung der Gesellschaft alleinvertretungsberechtigt (im Gegensatz dazu sind bei der GbR nach dem Gesetz alle Gesellschafter nur gemeinschaftlich vertretungsberechtigt). Die Vertretungsmacht kann im Gesellschaftsvertrag anders geregelt werden. So können Gesellschafter von der Vertretung ausgeschlossen werden oder festgelegt werden, dass Gesellschafter nur gemeinschaftlich zur Vertretung berechtigt sind. Diese Beschränkungen müssen für ihre Wirksamkeit gegenüber außenstehenden im Handelsregister eingetragen sein. Eine weitere Beschränkung der Vertretungsmacht ergibt sich aus § 181 BGB. Ein Gesellschafter darf nicht Geschäfte als Vertreter der OHG mit sich selbst oder als Mehrfachvertreter für verschiedene Personen abschließen, es sei denn die anderen Gesellschafter haben ihn von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Sonstige Beschränkungen – wie beispielsweise der Ausschluss zum Abschluss bestimmter Geschäfte – können nicht wirksam gegenüber Dritten festgelegt werden.
2. Der Gesellschaftsvertrag
Es muss ein Gesellschaftsvertrag ausgearbeitet werden. Folgende rechtliche Aspekte sind dabei besonders wichtig:
- Firma (Name), Sitz und Geschäftszweck
- Geschäftsjahr (i.d.R. das Kalenderjahr)
- Beteiligungsverhältnisse (welcher Gesellschafter hält wieviel Anteile)
- Gesellschafterversammlung (Zusammenkunft, Mehrheiten für Beschlüsse)
- Dauer, Beendigung, Ausscheiden und Beitritt von Gesellschaftern
- Geschäftsführung und Vertretungsmacht
Grundsätzlich besteht bei Personengesellschaften ein großer Gestaltungsspielraum. Wir haben im nachstehenden Mustergesellschaftsvertrag beispielhafte Regelungen zu den wesentlichen Bereichen zusammengetragen. Für die Einberufung und Abhaltung von Gesellschafterversammlungen schlagen wir eine zeitgemäße Regelung vor, die auch virtuelle oder hybride Zusammenkünfte der Gesellschafter erlaubt. Bei der Frage der Vertretung sowie bei der Definition von Mehrheiten und etwaigen Vetorechten im Rahmen von Gesellschafterbeschlüssen wird man im Einzelfall häufig präzisere Regelungen benötigen. Ansonsten ist unser Mustergesellschaftsvertrag der OHG in großen Teilen identlisch mit unserem Mustergesellschaftsvertrag für eine geschäftlich orientierte BGB-Gesellschaft.
3. Meldepflichten
a. Handelsregister
Die OHG muss nach Ihrer Gründung zum Handelsregister angemeldet werden. Folgende Angaben müssen die Geschäftsführer machen:
- Firmenname und die Rechtsform
- Unternehmenssitz
- Namen, Vornamen, Geburtsdaten und Wohnort jedes Gesellschafters
- Der Zeitpunkt des Beginns der Gesellschaft
- Geschäftszweig
- gegebenenfalls Erteilung von Prokura
Das Schreiben, mit dem die Unterlagen eingereicht werden, benötigt eine notariell beglaubigte Unterschrift jedes Geschäftsführers.
b. Transparenzregister
Seit dem 1. August 2021 ist das neue Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz in Kraft. Alle Gesellschaften sind verpflichtet, ihre wirtschaftlich Berechtigten dem Transparenzregister zur Eintragung mitzuteilen. Die Geschäftsführung der OHG muss dies nicht tun, wenn die erforderlichen Angaben zu der OHG sich bereits aus dem elektronischen Handelsregister ergeben. Das dürfte regelmäßig dann der Fall sein, wenn die Gesellschafter der OHG natürliche Personen sind, denn diese müssen bei der Anmeldung zum Ha ndelsregister angegeben werden und werden dann im Handelsregister mit Namen und Adresse eingetragen.
c. Umsatzsteuer
Die OHG muss sich beim Finanzamt für das Verfahren zur Zahlung von vereinnahmter Umsatzsteuer anmelden. Sofern der Umsatz bei weniger als 600.000 Euro pro Jahr liegt, kann sie wählen, nur die tatsächlich vereinnahmten Umsatzsteuern zu melden und zu bezahlen oder den Soll-Betrag angeben (=klassischen Umsatzsteuervoranmeldung).
d. Gewerbeanmeldung
Im Rahmen der Gründung gehen die Gesellschafter der OHG gemeinsam zum Gewerbeamt und melden das Gewerbe an. Für die Anmeldung beim Gewerbeamt gibt es Formulare in jeder Stadt. Teilweise sind diese auch im Internet abrufbar. Das Gewerbeamt ist Teil der Ordnungsamtes der Stadt. Bei der Anmeldung muss der Gesellschafter auch seinen Personalausweis mitnehmen. Bei erlaubnispflichtigen Gewerben ist auch eine Erlaubnis des Gewerbeamtes nötig.
e. Anmeldung bei der IHK
Die OHG erhält nach der Anmeldung der Gesellschaft beim Gewerbeamt einen Fragebogen von der IHK. Dieser muss ausgefüllt und an die IHK gesendet werden, um die Gesellschaft bei der IHK anzumelden.
f. Kontoführende Bank
Der Geschäftsführer muss für die Eröffnung eines Gesellschaftskontos die wirtschaftlich Berechtigten und das Bestehen der Gesellschaft offenlegen (KYC Check). Vermutlich werden Banken bei der Überprüfung der wirtschaftlich Berechtigten die GbRs anhalten, sich mit Inkrafttreten des MoPeG in dsa Gesellschaftsregister einzutragen.
g. Berufsgenossenschaft
Sofern der Geschäftszweck ein Beruf ist, für den eine Berufsgenossenschaft besteht (beispielsweise Schreinerei) und Arbeitnehmer beschäftigt werden, muss die Anmeldung bei der zuständigen Berufsgenossenschaft erfolgen.
h. Betriebsnummer und Meldungen bei der Krankenkasse
Beschäftigt die OHG Arbeitnehmer, muss bei der Bundesagentur für Arbeit eine Betriebsnummer beantragt werden und die Beschäftigung der Arbeitnehmer muss bei der Krankenkasse angemeldet werden, bei denen die Arbeitnehmer beschäftigt wind.
i. Versicherungen
Es sollte geprüft werden, welche Versicherungen abgeschlossen werden sollen, z.B. eine Betriebshaftpflichtversicherung.
4. Geschäftstätigkeit
Für die Aufnahme der Geschäftstätigkeit einer OHG empfiehlt sich folgendes:
Es sollte eine Firmenadresse eingerichtet werden. Es sollten Geschäftspapiere als Vorlagen für die geschäftliche Korrespondenz erstellt werden. Enthalten sein sollten dort Firma, Rechtsform, Sitz, Nummer des Gesellschaftsregisters und Registergericht (sobald die Eintragung nach dem MoPeG erfolgt ist) sowie alle Geschäftsführer mit Titel, Vor- und Nachnamen.
Es sollte eine E-Mail-Adresse und eine E-Mail-Signatur eingerichtet werden.
Es wird empfohlen, eine Webseite mit Impressum, AGBs und einer Datenschutzerklärung zu erstellen.
5. Erstellung einer Eröffnungsbilanz
Für das Finanzamt muss die OHG eine Eröffnungsbilanz erstellen. Stichtag ist dabei i.d.R. die Aufnahme der Geschäftstätigkeit. Die Eröffnungsbilanz selbst unterliegt keiner Prüfungspflicht, muss aber gegebenenfalls im Rahmen der Prüfung einer späteren Jahresbilanz geprüft werden.
Artikel teilen:
Wir schreiben über relevante Themen des E-Commerce und andere Bereiche praxisnah. Spricht Dich das an? Vermisst Du etwas? Wir freuen uns, von dir zu hören und werden es nutzen, um noch besser zu werden.