Dr. Oliver Waldburg, Geschäftsführer von Worklean und Rechtsanwalt.
Viele Gesellschaften sind aktuell von einer Insolvenz betroffen. Sie sind entweder zahlungsunfähig oder überschuldet. In beiden Fällen hilft das COVID-19 Abmilderungsgesetz vom 27. März 2020, dass die Pflicht zur Insolvenzanmeldungspflicht für Geschäftsführer bis zum 30. September ausgesetzt hat.
Die Bundesregierung wird aller Voraussicht nach die Sondernorm zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31. Dezember 2020 verlängern, allerdings nur noch für den Fall der Überschuldung der Gesellschaft. Bei Zahlungsunfähigkeit ist leider keine weitere Gnadenfrist vorgesehen.
Was bedeutet das für Geschäftsführer?
Geschäftsführer, die die Gewissheit haben, dass ihr Unternehmen zahlungsunfähig ist oder bis zum 30. September zahlungsunfähig wird und auch danach weiter zahlungsunfähig ist, müssen am 1. Oktober 2020 Insolvenz anmelden.
Geschäftsführer, die keine Gewissheit haben, ob ihr Unternehmen am 1. Oktober zahlungsunfähig sein wird, müssen sich darüber Gewissheit verschaffen, ob das Unternehmen zahlungsunfähig sein wird. Sie müssen eine Aufstellung zu ihrer vorhanden Liquidität machen und dann alle realistisch erwartbaren Einnahmen und Ausnahmen auflisten, inklusive etwaiger Steuererstattungen oder Steuerzahlungen und die Liquiditätsentwicklung an einem Zeitstrahl abbilden. Sinkt die Linie nachhaltig unter Null, also nicht lediglich ein vorübergehender Liquiditätsengpass, der zu einer behebbaren Zahlungsstockung führt, ist die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig und Insolvenz muss angemeldet werden.
Achtung: Das Gesetz räumt zwar eine Dreiwochenfrist für die Anmeldung ein. Allerdings muss die Anmeldung stets unverzüglich erfolgen, wenn ein Insolvenztatbestand vorliegt. Wenn also keine Rettung in Aussicht ist, muss zu Beginn der Dreiwochenfrist angemeldet werden. Andernfalls besteht das Risiko, eine Straftat zu begehen und es droht dem Geschäftsführer die persönliche Haftung.
Nachstehend haben wir in einer Übersicht zusammengestellt, was sich konkret für die Gesellschaft und ihre Gläubiger aufgrund der modifizierten Insolvenzanmeldungspflicht zum 1.10.2020 ändert:
Bisher | Ab 1. Oktober 2020 bis. 31 Dezember 2020 |
keine Insolvenzantragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft. | Insolvenzantragspflicht wird nur noch bei Überschuldung ausgesetzt. Bei Zahlungsunfähigkeit muss Insolvenz angemeldet werden. |
Trotz Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung keine persönliche Haftung der Geschäftsführer für Zahlungen einer insolventen Gesellschaft, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen und mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind. | Die persönliche Haftung des Geschäftsführers für Zahlungen einer insolventen Gesellschaft ist nur noch bei Überschuldung ausgesetzt, wenn die Zahlung die weiteren Voraussetzungen erfüllt.. |
Trotz Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gilt die Rückzahlung von Krediten, die während der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gewährt wurden, bis zum 30. September 2023 als nicht gläubigerbenachteiligend. Das gleiche gilt für Sicherheiten, die in diesem Zeitraum für solche Kredite bestellt wurden. | Privilegierung von Krediten und Sicherheitenbestellung gilt nur noch bei Überschuldung der Gesellschaft. Bei Zahlungsunfähigkeit gilt keine Privilegierung mehr, d.h. die Gewährung der Kredite und der bestellten Sicherheiten können in der Insolvenz vom Insolvenzverwalter angefochten werden. |
Trotz Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung sind Kreditgewährungen und Besicherungen im Aussetzungszeitraum gelten nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung. | Privilegierung gilt nur noch bei Überschuldung der Gesellschaft. Bei Zahlungsunfähigkeit können Kreditgewährungen und Besicherungen ein sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung sein, mit entsprechenden Haftungsfolgen für den Gläubiger |
In dem Gesetz vom 27. März 2020 waren noch weitere Überlebenshilfen für Corona-betroffene Unternehmen vorgesehen. Diese sind aber bereits abgelaufen. Seit dem 29. Juni 2020 dürfen Gläubiger einer insolventen Gesellschaft wieder Insolvenzeröffnungsanträge gegen die Gesellschaft stellen. Das Mietmoratorium endete bereits am 30. Juni 2020. Nicht gezahlte Mieten dürfen jetzt bis zum 30. Juni 2022 nachgezahlt werden.
Wenn Ihr zu diesem Artikel Fragen habt, sprecht mich bitte an (oliver.waldburg@worklean.com).
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