Dr. Oliver Waldburg, Geschäftsführer von Worklean und Rechtsanwalt.
Am Dienstag haben wir bereits einen Artikel zur Haftung des Geschäftsführers in den Blog gestellt. Dabei ging es um die Aussetzung der Pflicht des Geschäftsführers Insolvenz anzumelden, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Die Regelungen vom 27. März laufen zum 30. September aus. Ab dem ersten Oktober wird es voraussichtlich nur noch bei Überschuldung der Gesellschaft eine Aussetzung der Pflicht des Geschäftsführers, Insolvenz anzumelden. Wenn Du Interesse an diesen Fragen hast, kannst Du es gerne in unserem Blog nachlesen
In diesem Artikel gehen wir umfassend auf die Rechte und Pflichten eines Geschäftsführers und seine Haftung ein.
Wenn Du Geschäftsführer bist oder werden willst, musst Du Dich natürlich um deine Konditionen kümmern, wie Gehalt, Beteiligungen oder Anteilsoptionen, Dauer des Vertrages und etwaige Extras wie Dienstwagen, Dienstwohnung. Geregelt ist das im Anstellungsvertrag des Geschäftsführers.
Noch wichtiger ist aber, dass Du über deine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und den Gesellschaftern Bescheid weißt. Wir haben unseren Beitrag wie folgt gegliedert
1. Bestellung / Abberufung / Vertretung und Geschäftsführung
a) Hinweis auf unseren Blogbeitrag zu Bestellung und Abberufung
Zu Bestellung und Ausscheiden des Geschäftsführers und zu Vertretung und Geschäftsführung hatten wir bereits ausführlich in unserem Artikel “Bestellung und Abberufung eines Geschäftsführers – das musst Du beachten” Stellung genommen. Wir verweisen auf unseren Blog Beitrag, den Du hier aufrufen kannst:
b) Zur Bestellung
Wir fassen hier das Wesentliche noch einmal zusammen:
Geschäftsführer kann nur eine natürliche Person werden, welche die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 GmbH-Gesetz erfüllt. Die Person muss unbeschränkt geschäftsfähig sein und darf nicht i.S.d. § 6 Abs. 2 GmbH-Gesetzes vorbestraft sein (Freiheit von bestimmten Insolvenz-, Betrugs- und Bilanzstraftaten).
Die Bestellung erfolgt in einem Gesellschafterbeschluss und muss zum Handelsregister angemeldet werden.
c) Zur Vertretung
Wichtig ist, in der Bestellung zu regeln, ob der Geschäftsführer Alleinvertretungsbefugnis hat und ob er von den Beschränkungen des § 181 BGB, der den Abschluss von Insichgeschäften und Mehrfachvertretungen ausschließt, befreit ist.
d) Zur Geschäftsführung
Zudem ist im Gesellschaftsvertrag oder der Geschäftsordnung für die Geschäftsführer oder im Anstellungsvertrag zu regeln, ob der Geschäftsführer bestimmten internen Beschränkungen bei der Ausübung unterliegen soll, die im Außenverhältnis (bei der Vertretung der Gesellschaft) aber unbeachtlich sind.
Das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers wird in einem Anstellungsvertrag geregelt.
e) Zur Abberufung
Für die Abberufung des Geschäftsführers muss ebenfalls ein Beschluss der Gesellschafterversammlung eingeholt werden, der ebenfalls zum Handelsregister anzumelden ist. Auch dieser Beschluss muss zum Handelsregister angemeldet werden. Neben dem Abberufungsbeschluss muss der Anstellungsvertrag gekündigt werden.
2. Pflichten des Geschäftsführers
Schauen wir uns jetzt etwas genauer an, welche Pflichten und Aufgaben hat der Geschäftsführer hat.
a) Einberufung einer Gesellschafterversammlung
Der Geschäftsführer ist verpflichtet, Gesellschafterversammlungen einzuberufen. Dies ist in folgenden Fällen vorgeschrieben:
Nach § 46 GmbHG muss der Geschäftsführer eine Gesellschafterversammlung einberufen für:
- Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses;
- Offenlegung eines Einzelabschlusses nach internationalen Rechnungslegungsstandards (§ 325 Abs.2a HGB) und Billigung des von den Geschäftsführern aufgestellten Abschlusses;
- Billigung eines von den Geschäftsführern aufgestellten Konzernabschlusses;
- Einforderung von Einzahlungen auf die Stammeinlagen;
- Rückzahlung von Nachschüssen;
- Teilung sowie die Einziehung von Geschäftsanteilen;
- Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben;
- Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung;
- Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb;
- Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat.
Weiter muss der Geschäftsführer gemäß § 49 Abs. 3 GmbHG die Versammlung einberufen, wenn sich aus der Jahresbilanz oder einer im Laufe des Geschäftsjahrs aufgestellten Bilanz ergibt, dass die Hälfte des Stammkapitals verloren ist. Der Geschäftsführer ist nach dieser Vorschrift auch verpflichtet, eine Zwischenbilanz zu erstellen, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen Grund zu der Annahme besteht, dass die Hälfte des Stammkapitals verloren ist. Für die UG gilt die Sonderregelung des 5a Abs. 4 GmbHG, dass die Geschäftsführung die Gesellschafterversammlung bei drohender Zahlungsunfähigkeit unverzüglich einberufen muss.
Ein eigenes Einberufungsrecht dieser Gesellschafter entsteht aber dann, wenn der Geschäftsführer dem Einberufungswunsch nicht folgt, kein Geschäftsführer existiert oder dieser handlungsunfähig geworden ist.
Weitere Fälle, in denen der Geschäftsführer verpflichtet ist eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, sind:
- die Geschäftsführung muss davon ausgehen, dass die Gesellschafter einem Vorhaben des Geschäftsführers widersprechen werden.
- eine Einberufung ist im Interesse der Gesellschaft erforderlich (beispielsweise es droht der Gesellschaft ein erheblicher Schaden, Abschluss risikoreicher Geschäfte, erheblich Umstellung der Geschäftstätigkeit, Kauf eines Unternehmens, usw.)
Schließlich muss der Geschäftsführer eine Gesellschafterversammlung einberufen, wenn Gesellschafter, die zumindest 10% des Stammkapitals halten, dies verlangen, sofern sie den Zweck und die Gründe für die Einberufung mitteilen.
Wir verweisen für die Notwendigkeit einer Gesellschafterversammlung und die Durchführung einer Gesellschafterversammlung auf unseren Blogbeitrag “Wie führe ich eine Gesellschafterversammlung durch”, in der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Gesellschafterversammlung erklärt wird.
Grundsätzlich ist bei mehreren Geschäftsführer jeder von ihnen alleine einberufungsbefugt und -verpflichtet.
b) Auskunfts-und Informationspflicht
Als weiter wichtige Pflicht muss der Geschäftsführer den Gesellschaftern Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft geben. Dazu gehört, Einsicht in die Geschäftsunterlagen zu geben. Sofern sich der Geschäftsführer weigert, kann dies ein wichtiger Grund für die fristlosen Kündigung des Geschäftsführers sein.
c) Anmeldepflichten
Der Geschäftsführer muss die erforderlichen Handelsregisteranmeldungen durchführen (ggf. mit Hifle eines Notars), wie beispielsweise Satzungsänderungen, Änderungen im Gesellschafterkreis, Bestellung und Abberrufung von Geschäftsführern oder Prokuristen, Er muss Sorge tragen für die Veröffentlichung des Abschlusses im elektronischen Bundesanzeiger.
d) Steuern, Bilanz, Melde- und Zahlungspflichten
Der Geschäftsführer hat nach der Abgabenordnung folgende steuerliche Pflichten:
- Zahlen der Steuern der Gesellschaft (§ 34 AO)
- Führen von Büchern und Aufzeichnungen über die Geschäftsvorgänge
- Abgabe und Berichtigung von Steuererklärungen und anderen Meldungen.
- Anzeige von steuerlich erheblichen Tatsachen beim Finanzamt oder der Gemeinde innerhalb eines Monats (§§ 137, 138 AO), wie:
- die Gründung der Gesellschaft,
- Erwerb der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft,
- Änderung der Rechtsform,
- Verlegung der Geschäftsleitung,
- Verlegung des Sitzes,
- Auflösung der Gesellschaft,
- Aufnahme / Einstellung des Geschäftsbetriebs,
- die Kapitalerhöhung und -herabsetzung.
- Eröffnung, Verlegung und die Aufgabe eines Betriebes oder einer Betriebstätte beim zuständigen Gewerbeamt (das Gewerbeamt gibt diese Meldung an das zuständige Finanzamt weiter)
Der Geschäftsführer ist verantwortlich für die ordnungsgemäße Buchführung und Abgabe der Steuererklärung. Bei steuerlichen Außenprüfungen muss der Geschäftsführer dem Außenprüfer prüfungsrelevante Aufzeichnungen und Bücher vorlegen und ihn ggf. durch den Betrieb führen, soweit prüfungsrelevant.
Der Geschäftsführer muss die monatlichen Lohnsteuervoranmeldungen abgeben sowie die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers einbehalten und an das Finanzamt abführen.
Der Geschäftsführer muss die Voranmeldungen für die Umsatzsteuer machen und die fälligen Umsatzsteuerzahlungen abführen.
e) Soziales
Der Geschäftsführer ist verantwortlich für die Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben. Dazu gehört die Abfrage der Betriebsnummer bei der Agentur für Arbeit und die Anmeldung der Arbeitnehmer bei der Sozialversicherung und der Krankenkasse. Er muss von dem Gehalt die Beiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung einbehalten und an die Sozialversicherungsträger abzuführen. Werden die Beträge einbehalten, aber nicht abgeführt, haftet der Geschäftsführer für diese Beträge persönlich und riskiert, sich strafbar zu machen. Das gilt auch, wenn Arbeitnehmer schwarz beschäftigt werden.
Relevant wird die Haftung häufig in der Krise der Gesellschaft. Werden Abgaben aufgrund von Zahlungsunfähigkeit nicht abgeführt, haftet der Geschäftsführer persönlich dafür. Der Geschäftsführer muss also solchen Zahlungen Vorrang gegenüber anderen Verbindlichkeiten geben und ggf. nicht zögern, Insolvenz anzumelden, um eine persönliche Haftung zu vermeiden.
Eine weitere Pflicht betrifft die Abführung von Beiträgen an die Berufsgenossenschaft.
Zudem ist der Geschäftsführer gehalten, für sichere Arbeitsplätze zu sorgen. Kommt es zu Arbeitsunfällen, kann dies zu Geldbußen führen. Zudem kann der Geschäftsführer für Schäden der Arbeitnehmer haften, wenn Schutzbestimmungen nicht eingehalten sind.
3. Haftung des Geschäftsführers
Die Pflichten des Geschäftsführers bringen Haftungsrisiken mit sich. Bei Pflichtverletzungen droht eine persönliche Haftung des Geschäftsführers. Ggf. macht er sich sogar strafbar. Diese Risiken gehen nicht nur von den vorstehend aufgeführten Pflichten aus, sondern auch von weiteren Pflichten, welche im Laufe der Zeit auf der Grundlage der allgemeinen Vorgabe in § 43 Abs. 1 GmbHG, dass der Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden hat, entstanden sind. Weitere wichtige Vorschriften in der Praxis sind § 64 GmbHG (persönliche Haftung des Geschäftsführers für Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. der Überschuldung der Gesellschaft).
Schauen wir uns die Haftungsrisiken im Detail an.
a) Haftungsrisiken aus Pflichtverletzungen gegenüber der Gesellschaft
Nach § 43 Abs. 1 GmbHG hat ein Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Geschäftsführer, welche ihre Pflichten verletzen, haften gemeinschaftlich der Gesellschaft für den entstandenen Schaden.
Die Pflichtverletzung, die zur Haftung führt, kann sich ergeben aus:
- Gesetz (beispielsweise Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung und Bilanzierung nach §§ 41, 42 GmbHG)
- allgemeinen gesetzlichen Grundsätzen (Treupflicht und Handeln nach Treu und Glauben)
- dem Gesellschaftsvertrag,
- der Geschäftsordnung für die Geschäftsführer oder
- dem Anstellungsvertrag.
b) Haftung für Darlehen der Gesellschaft
Ein Geschäftsführer kann für Darlehen, die die Gesellschaft vergibt, persönlich haften. Folgende Fälle:
- Darlehen an den Geschäftsführer, obwohl dafür Mittel aufgewendet wurden, die zum Erhalt des Stammkapitals erforderlich waren.
- Darlehen an einen Gesellschafter aus Mitteln, die für den Erhalt des Stammkapitals erforderlich sind
- Darlehen an einen Gesellschafter, dass nicht jederzeit fällig gestellt oder fristlos gekündigt werden kann. Der Anspruch gegen den Gesellschafter auf Rückzahlung des Darlehens muss werthaltig sein.
c) Verspätete Offenlegung
Nach § 325 HGB hat der Geschäftsführer den Jahresabschluss unverzüglich nach seiner Vorlage an die Gesellschafter, jedoch spätestens vor Ablauf des zwölften Monats des dem Abschlussstichtag nachfolgenden Geschäftsjahrs beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers elektronisch einzureichen. Unterlässt er dies kann dem Geschäftsführer – neben der GmbH – ein hohes Ordnungsgeld angedroht werden. Das Ordnungsgeld kann wiederholt festgesetzt werden, wenn die Offenlegungspflicht nicht erfüllt wird. Mehr Informationen zur Offenlegung finden Sie in der seitlichen Linkleiste.
d) Wettbewerbsverstöße
Führt die Gesellschaft Werbemaßnahmen durch, die gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstoßen, z.B. gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), haftet der Geschäftsführer neben der GmbH auch persönlich als Verletzer. Ebenso haftet er neben der GmbH persönlich bei der Verletzung gewerblicher Schutzrechte (Patente, Gebrauchsmuster, Marken etc.).
e) Verletzung von Sachwalterpflichten
Der Geschäftsführer ist sogenannter Sachwalter von Gegenständen, die zwar im Besitz, nicht aber im Eigentum der GmbH sind, z.B. fremde sicherungsübereignete Ware oder unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Ware. Verletzt der Geschäftsführer das Eigentumsrecht, indem er die Ware z.B. weiterverkauft, haftet er gegenüber dem Eigentümer persönlich auf Schadensersatz. Außerdem kann es sich bei der Fallkonstellation auch um Unterschlagung handeln, d.h. der Geschäftsführer macht sich auch strafbar.
f) Steuern und Buchführung
Werden steuerliche Pflichten (s. o.) vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, muss der Geschäftsführer selbst für diese Beträge einstehen (§ 69 AO). Dazu zählen auch Säumniszuschläge infolge zu spät abgegebener Erklärungen. Besonders heikel wird die Pflicht zur Abführung der Lohnsteuer wiederum in der Krise der Gesellschaft. Hier gelten ähnliche Erwägungen wie bei der Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen, siehe oben. Im Übrigen drohen bei Fehlverhalten auch strafrechtliche Konsequenzen (§§ 370 ff. AO), etwa im Falle einer
g) Steuerhinterziehung
Eine wichtige Aufgabe des Geschäftsführers ist die ordnungsgemäße Buchführung und Bilanzierung. Bei Pflichtverletzungen können sich nicht nur Haftungsansprüche gegenüber der Gesellschaft ergeben, sondern auch gegenüber Gläubigern, wenn die Pflichtverletzung vorsätzlich war und gegen die guten Sitten verstößt. Die Buchführungs- und Bilanzierungspflicht umfasst u.A. die Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts (§ 264 HGB). Ist eine Pflichtverletzung Ursache für eine nicht rechtzeitige oder nicht vollständige Steuerentrichtung, kann dies ebenfalls eine Haftung nach § 69 AO nach sich ziehen.
h) Unterbliebene Gesellschafterversammlung
Ein Haftungsrisiko droht auch, wenn die Geschäftsführung gegen ihre Pflicht verstößt, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, wenn 50% des Stammkapitals der Gesellschaft verloren ist.
Gleiches gilt für den Geschäftsführer einer UG (haftungsbeschränkt), wenn er die Gesellschafterversammlung bei drohender Zahlungsunfähigkeit nicht unverzüglich einberuft.
i) Kapitalerhaltung
Besondere Risiken sind für den Geschäftsführer damit verbunden, Zahlungen an die Gesellschafter zu leisten. Solche Zahlungen können in sehr unterschiedlicherweiser erfolgen.
Das können Zahlungen auf Gesellschafterdarlehen sein. Es können aber auch Zahlungen auf Verträge mit Gesellschaftern sein, wie beispielsweise die Miete für Büroräume oder Maschinen, die von einem Gesellschafter zur Verfügung gestellt werden.
Als Zahlungen an den Gesellschafter gelten auch die Stellung von Sicherheiten für ein Darlehen, das ein Gesellschafter erhalten hat, wenn dann anschließend diese Sicherheiten von dem Gläubiger des Gesellschafters verwertet werden, um den Kredit an den Gläubiger zu befriedigen.
Erfasst sind auch Umgehungstatbestände, etwa, Zahlungen an ein anderes Tochterunternehmen des Gesellschafters oder wenn eine Person dazwischen geschaltet wird, um die Zahlung an den Gesellschafter zu ermöglichen. In all diesen Fällen muss der Geschäftsführer darauf achten, dass die Zahlung keine Einlagenrückgewähr ist (Gebot der effektiven Kapitalaufbringung- vgl. § 19 GmbHG) und dass das Vermögen der Gesellschaft nach Abzug ihrer Verbindlichkeiten nicht unter das Nennkapital der Gesellschaft (im Falle der Neugründung i.d.R. 25.000 € fällt).
Die gesetzlichen Vorgaben zu diesem Gebiet finden sich in §§ 30, 43 Abs. 3 GmbHG. Zudem gibt es eine lange sehr schwierig zu durchdringende Rechtsprechung zu der Frage der Kapitalerhaltung. Sofern man befürchtet, dass eine Zahlung gegen das Kapitalerhaltungsgebot verstößt sollte man sich als Geschäftsführer unbedingt kundgen Rechtsrat einholen.
j) Insolvenz und Insolvenznähe
In der Praxis besonders relevant ist die Haftung der Geschäftsführer für Zahlungen der Gesellschaft nach Insolvenzreife.
Aktuell besteht in diesem Bereich eine Sonderregelung nach dem COVID-19 Abmilderungsgesetz vom 27. März 2020, dass die Pflicht zur Insolvenzanmeldungspflicht für Geschäftsführer bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bis zum 30. September ausgesetzt hat. Ab dem 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2020 ist aktuell geplant, die Anmeldungspflicht nur noch bei Überschuldung der Gesellschaft auszusetzen und bei Zahlungsunfähigkeit wieder die Anmeldungspflicht aufleben zu lassen. Wir verweisen auf unsern Blogbeitrag.
Nachstehende Ausführungen gehen auf die Pflicht des Geschäftsführers, Insolvenz anzumelden und die Haftung des Geschäftsführers nach § 64 GmbHG ein, wie sie ohne die Sonderregelungen nach dem Abmilderungsgesetz bestehen.
Der Geschäftsführer ist verpflichtet, unverzüglich Insolvenz anzumelden, spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung. Der Insolvenztatbestand muss objektiv vorliegen.
Nach § 64 GmbHG ist der Geschäftsführer zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Lediglich Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind, sind davon ausgenommen. Nach Satz 2 der Vorschrift müssen die Geschäftsführer auch für Zahlungen aufkommen, die die Gesellschaft an die Gesellschafter leistet, wenn diese zur Zahlungsunfähigtkeit der Gesellschaftführen mussten. Auch hier gibt es eine Haftungsbefreiung, wenn dies nicht erkennbar war auch nach Eintritt der Insolvenzreife leistet.
Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Dies gilt nicht für Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind.
Die gleiche Verpflichtung trifft die Geschäftsführer für Zahlungen an Gesellschafter, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, es sei denn, dies war auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns nicht erkennbar.
Die Haftung der Geschäftsführung wird nicht dadurch aufgehoben, dass sie auf Weisung der Gesellschafter gehandelt hat. Es ist auch nicht möglich, dass die Gesellschaft auf ihren Ersatzanspruch verzichtet, wenn der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger notwendig ist.
k) Persönliche Haftung gegenüber Dritten
Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet gegenüber Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen. Eine Haftung der Geschäftsführer gegenüber Dritten kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Ein solcher Fall wird angenommen, wenn der Geschäftsführer bei einem Vertragsabschluss nicht deutlich macht, dass er als Vertreter der GmbH handelt und der Vertragspartner daher annimmt, er schließe den Vertrag mit dem Geschäftsführer in Person. Oder wenn der Geschäftsführer bei den Vertragsverhandlungen zum Ausdruck bringt, selbst für die Erfüllung der Ansprüche des Vertragspartners einzustehen.
4. Allgemeine Überlegungen zur Haftung
a) Sorgfaltsstandard
Die Anforderungen an den Sorgfaltsstandard des Geschäftsführers sind hoch. Er wird als eigenverantwortlich handelnder treuhänderischer Verwalter eines fremden Vermögens (des Gesellschaftsvermögens) gesehen und muss umsichtig handeln, um dieses zu erhalten und zu mehren. betrachtet wird, werden strenge Anforderungen an seine Sorgfalt gestellt.
b) Unternehmerische Entscheidungen
Der Geschäftsführer haftet aber nicht für jede schlechte Entscheidung haftet. Trifft er beispielsweise eine unternehmerische Entscheidung, die sich rückblickend als falsch entscheidet, haftet er dafür nicht, solange er seinen Handlungsspielraum für geschäftliche und unternehmerische Entscheidungen nicht überschritten hat.
Nur ein vorwerfbares, pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers kann Grundlage für eine Haftung sein.
c) Gemeinschaftliche Haftung der Geschäftsführer
Ein Geschäftsführer haftet nicht nur für eigene Fehler sondern auch für die Fehler seiner Mitgeschäftsführer. Selbst wenn die Geschäftsführer für verschiedene Ressorts zuständig sind, ist man nicht ohne weiteres enthaftet. Vielmehr treffen die anderen Geschäftsführer Überwachungs- und Kontrollpflichten gegenüber den anderen Geschäftsführern. Nur wenn er dies beachtet, kann der Geschäftsführer sich bei einer Verletzung ressort-spezifischer Pflichten enthaften. Davon unberührt bleibt die Haftung für die Einhaltung allgemeiner, öffentlich-rechtlicher Pflichten und Angelegenheiten von existenzieller Bedeutung für die Gesellschaft.
d) Haftung für Pflichtverletzungen Dritter
Geschäftsführer haften auch für Pflichtverletzungen Dritter, an die sie die Erfüllung von Pflichten delegiert haben, sofern die Abgabe der Aufgaben rechtswidrig war, gegen den Gesellschaftsvertrag verstoßen oder grob gegen die Unternehmensinteressen verstoßen hat. Zudem können sie haften für die Auswahl, Anleitung und Überwachung der ausführenden Personen (Organisationsverschulden).
5. Haftungsvermeidung
a) Allgemeine Verhaltensregeln
Folgende Regeln sollte der Geschäftsführer bei seinem Handel beachten:
- Gesetze, insb. GmbH-Gesetze
- Gesellschaftsvertrag
- Geschäftsordnung
- Anstellungsvertrag
- Weisungen der Gesellschafter
- Verantwortungsvolle Organisation des Geschäftsbetriebes
- Kontrolle des Geschäftsbetriebes
- Kontrolle der Finanzen
- Keine unnötigen Risiken eingehen
- Gesellschafterbeschlüsse einholen
- Im Interesse der Gesellschaft handeln
- Umfassend informieren und sorgfältig abwägen
- Eigeninteressen offenablegen
- D&O Versicherung abschließen
b) Interessenabwägung
Um seine Haftungsrisiken einzugrenzen, muss der Geschäftsführer bei jeder Entscheidung, die maßgeblichen Umstände in Betracht ziehen und diese gewichten und dann abwägen, welche Entscheidung er trifft. Der Geschäftsführer ist gut beraten, diesen Abwägungs- und Entscheidungsprozess zu dokumentieren, und darzulegen, auf welcher Grundlage seine Entscheidung im Interesse der Gesellschaft erfolgt ist. Wenn er dabei im Rahmen seiner Pflichten handelnd, ist eine Haftung ausgeschlossen.
c) D & O Versicherung
Als Teil seines Anstellungsvertrages sollte der Geschäftsführer auf den Abschluss einer Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden bestehen (D & O Versicherung = Directors and Officers Liability Insurance).
Versicherungsnehmer und Vertragspartner der Versicherung ist die GmbH. Anspruchsinhaber der Ansprüche aus den versicherten Risiken ist der Geschäftsführer. Die Versicherung deckt typischerweise nur Vermögenschäden ab, die der Geschäftsführer durch fahrlässiges Handeln verursacht hat, wobei eine Haftung für grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist. Ist der Vermögensschaden abgedeckt, kann der Geschäftsführer bei der Versicherung Regress nehmen.
d) Entlastung
Ein wichtiges Instrument zur Haftungsvermeidung ist die Entlastung durch die Gesellschafterversammlung. Der Geschäftsführer kann sich durch Beschluss der Gesellschafterversammlung für sein Handeln entlasten.
I.d.R. entlastet die Gesellschafterversammlung den Geschäftsführer auf der jährlichen Versammlung im Rahmen des Beschlusses über die Gewinnverwendung. Schadensersatz- oder Bereicherungsansprüche der GmbH gegen den Geschäftsführer gegen seine Handlungen im vergangenen Geschäftsjahr sind dann ausgeschlossen.
Entlastung wird nur für Vorgänge erteilt, die den Gesellschaftern bei Beschlussfassung bekannt sind oder aufgrund der verfügbaren Informationen erkennbar waren.
Entlastung kann nicht gewährt werden, für Handlungen, für die eine Haftung des Geschäftsführers im Interesse der Gläubiger der GmbH festgeschrieben ist, wie der Ersatzanspruch wegen verbotener Einlagenrückgewähr oder wegen Insolvenzverschleppung.
e) Weisungen
Der Gewschäftsführer kann sich für geplantes Handeln von der Haftung durch Gesellschafterbeschluss enthaften. Er lässt sich dazu in dem Beschluss von den Gesellschaftern anweisen, eine bestimmte Handlung vorzunehmen.
Das funktioniert aber nur, wenn die Weisung der Gesellschafter zulässig ist. Stellt die Weisung einen Verstoß gegen zwingendes Recht dar, haftet der Geschäftsführer trotz Weisung. Selbst eine Zusage der Gesellschafter, auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu verzichten hilft nicht weiter. Die Gesellschaft kann weiter und muss die Ansprüche im Interesse der Gesellschaft gelten machen (vgl. § 9b GmbHG).
Zu nennen sind hier Verstöße gegen das Kapitalerhaltungsgebot oder Verstöße gegen Handlungspflichten des Geschäftsführers bei Insolvenz, wie beispielsweise Nichtbeachtung des Zahlungsverbotes (vgl. §§ 30, 64 GmbHG).
f) Generalquittung
Neben der Entlastung kann der Geschäftsführer sich von der GmbH eine Generalquittung ausstellen. Damit verzichtet die GmbH auf alle Ansprüche gegen den Geschäftsführer, ohne Rücksicht darauf, ob diese Gesellschaftern bekannt waren oder nicht. Der Abschluss einer solchen Generalquittung verlangt einen Gesellschafterbeschluss zustimmen. Häufig wird dieses Instrument genutzt, wenn ein Geschäftsführer ausscheidet
6. Was steht im Netz?
Sehr ausführlich hat sich die IHK Stuttgart dem Thema angenommen:
Vertiefen und festigen kannst Du das Wissen mit der Broschüre der IHK Nürnberg zu diesem Thema. Die Broschüre ist ähnlich aufgebaut, wie der Beitrag der IHK Stuttgart:
Bei den kommerziellen Anbietern lohnt sich ein Blick auf den Artikel von smartlaw. Bedauerlich ist, dass im Netz nur Auszüge aus einer umfangreicheren Abhandlung gezeigt werden.
Leider habe ich keine gut aufbereiteten Videos zu dem Thema im Netz gefunden. Zum einen wird meist nur auf das Thema Haftung eingegangen. Die Anwaltstatements werden nicht durch Grafiken unterstützt. Deshalb bleibt es bei der Empfehlung, sich das nötige Wissen anzulesen.
Hat dir dieser Artikel gefallen?
Klicke auf die Sterne, um den Artikel zu bewerten!
Durchschnittliche Bewertung 0 / 5. Bewertungen: 0
Keine Bewertungen! Sei der Erste und gib eine Bewertung ab.
Wir schreiben über relevante Themen des E-Commerce und andere Bereiche praxisnah. Spricht Dich das an? Vermisst Du etwas? Wir freuen uns, von dir zu hören und werden es nutzen, um noch besser zu werden.