Dr. Oliver Waldburg – Geschäftsführer Worklean GmbH
Heute wollen wir uns mit dem Thema Gesellschafterversammlung beschäftigen. Es gibt verschiedene Anlässe dazu, meistens findet sie allerdings nur zum Jahresabschluss der Gesellschaft statt. Jede Gesellschafterversammlung ist mit viel Arbeit und Vorbereitungen verbunden. Außerdem muss man ausgiebig Formalia beachten. Wir wollen Dir einen Leitfaden an die Hand geben, wie Du rechtssicher eine Gesellschafterversammlung durchführst.
In diesem Beitrag gehen wir auf Folgendes ein:
1. Wann muss ich eine Gesellschafterversammlung einberufen? |
2. Wie bereite ich eine Gesellschafterversammlung vor? |
3. Was steht in der Einladung zur Gesellschafterversammlung und wann muss ich sie bekannt geben? |
4. Wie läuft eine Gesellschafterversammlung ab? |
5. Was muss nach der Gesellschafterversammlung erledigt werden? |
6. Was sagt das Netz? |
Vielleicht vorab noch Folgendes: Mit diesem Artikel und den Hinweisen auf weitere Artikel hast Du ein gutes Rüstzeug, um die Gesellschafterversammlung durchzuführen. Falls Du Dich nicht sicher fühlst oder wenn Ärger auf der Versammlung droht, solltest Du in jedem Fall einen sachkundigen Rechtsbeistand zu der Versammlung hinzunehmen.
1. Wann muss ich eine Gesellschafterversammlung einberufen?
Die Gesellschafterversammlung ist oberstes Organ der Gesellschaft. Der Geschäftsführer ruft die Gesellschafterversammlung ein. In § 46 sind die Gegenstände geregelt, über die die Gesellschafter entscheiden und für die eine Gesellschafterversammlung einberufen werden muss. In der Praxis am Wichtigsten sind:
- die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses;
- die Einforderung der Einlagen;
- die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben;
- die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb;
- die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat.
Die vollständige Regelung des § 46 GmbH findest Du hier: https://www.gesetze-im-internet.de/gmbhg/__46.html
Außerdem ist die Gesellschafterversammlung bei Änderungen des Gesellschaftsvertrags (auch Satzung genannt) zuständig (§ 53 GmbHG).
Weiterhin ruft der Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung ein, wenn Gesellschafter dies verlangen, deren Geschäftsanteile mindestens 10 % des Stammkapitals entsprechen.
Schließlich ruft der Geschäftsführer eine außerordentliche Gesellschafterversammlung ein, wenn dies im Interesse der Gesellschaft ist. Gründe dafür sind zum Beispiel:
- Die Gesellschaft hat bilanziell ihr halbes Stammkapital verloren (gesetzlich vorgeschriebener Grund)
- Tod eines Gesellschafters
- Übernahmen
- Änderung des Gesellschaftszwecks oder Wegfallen des Geschäftsfeldes
- Kündigung des Geschäftsführers
Meist wird im Gesellschaftsvertrag detailliert geregelt, in welchen Fällen die Gesellschafterversammlung zuständig sein soll.
Gesellschafterbeschlüsse können außerhalb einer Gesellschafterversammlung gefasst werden, wenn sich die Gesellschafter einstimmig hierauf einigen (beispielsweise in der Satzung). Die Gesellschafter können zum Beispiel einen Beschluss durch schriftliche Beschlussfassung vereinbaren. Die Einhaltung der Formalien ist wichtig, um Anfechtungen der Beschlüsse zu vermeiden.
Regelmäßig wird in einer Geschäftsführersitzung beschlossen, die Gesellschafterversammlung einzuberufen. Diese wird dann auch in der Sitzung vorbereitet.
2. Wie bereite ich eine Gesellschafterversammlung vor?
Der voraussichtliche Leiter der Gesellschafterversammlung (i.d.R. ein Geschäftsführer) sollte die Gesellschafterversammlung vorbereiten und dazu einladen.
Die Gesellschafter sollten vorab den Versammlungsleiter festlegen oder sich zumindest informal verständigen, wer der Leiter sein wird. Typischerweise wird dem Geschäftsführer, der zur Gesellschafterversammlung eingeladen hat, bisweilen auch ein Anwalt als Versammlungsleiter bestellt. Die formale Bestellung zum Versammlungsleiter geschieht in der Regel erst in der Gesellschafterversammlung.
Folgende Punkte sollten abgearbeitet werden:
a. Ort der Gesellschafterversammlung
Zunächst muss ein geeigneter Ort für die Versammlung festgelegt werden. Die Gesellschafter können sich über einen Ort der Versammlung einigen, ansonsten findet sie am Sitz der Gesellschaft statt. Es kann sinnvoll sein, eine Sitzordnung festzulegen.
b. Ablaufplan
Der (voraussichtliche) Leiter der Gesellschafterversammlung sollte einen Ablaufplan mit den möglicherweise zu besprechenden Tagesordnungspunkten, Pausen und einem voraussichtlichen Ende erstellen.
c. Vorbereitung der Unterlagen
Es müssen die Unterlagen vorbereitet werden, die an die Gesellschafter verteilt werden. Dazu gehören neben der Tagesordnung die Anlagen zu den einzelnen Tagesordnungspunkten wie beispielsweise:
- Jahresabschlüsse
- Verträge
- Korrespondenz
- Reports
- etc.
d. Besonderheiten
Nachfolgend werden Dinge aufgezählt, die als Besonderheiten zu beachten sein könnten:
- Es könnten Formerfordernisse bestehen. Bei einer Änderung des Gesellschaftervertrages wäre beispielsweise eine notarielle Beurkundung erforderlich und ein Notar einzuladen.
- Bei schwierigen fachspezifischen Fragen kann es erforderlich sein, einen Experten einzuladen (zum Beispiel bei einer Umstrukturierung der Gesellschaft einen Rechtsanwalt)
- Es ist zu ermitteln, ob Stimmrechtsausschlüsse bestehen. Dies ist in der Regel der Fall, wenn ein Gesellschafter von der Beschlussfassung selbst betroffen wäre.
- Der (voraussichtliche) Leiter sollte sich vergewissern, welche Mehrheiten für welchen Beschluss der Tagesordnung erforderlich sind (einfache Mehrheit, qualifizierte Mehrheit).
3. Was steht in der Einladung zur Gesellschafterversammlung?
Die Einladung zur Gesellschafterversammlung muss hinreichend detailliert sein und rechtzeitig erfolgen (mindestens eine Woche vorher). Es bietet sich dafür an, unter Abschnitt A (“Aktuelles”) die Einladung hochzuladen und alle Teilnahmeberechtigten den Erhalt bestätigen zu lassen (detaillierte Erklärung in Abschnitt A). Ein Muster für die Einladung findest du auch im Anhang zu dieser Karte. Eine weitere Muster-Einladung findest Du unter folgendem Link:
Bei der Einladung muss darauf hingewiesen werden, dass es sich um eine Gesellschafterversammlung handelt. Ort, Zeit und Zweck müssen angegeben werden. Die Einladung kann in Textform (z.B. E-Mail) erfolgen, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Die in den Gesellschaftervertrag aufzunehmende Formulierung lautet: “Eine Ladung per E-Mail oder anderen digitalen Medien ist zulässig.”
Ohne Vorschrift im Gesellschaftsvertrag muss die Einladung per eingeschriebenem Brief erfolgen. Es empfiehlt sich in diesem Fall ein Einschreiben mit Rückschein zu nutzen.
Die Einladung muss mindestens eine Woche vor der Versammlung den Gesellschaftern zugehen. Die Unterlagen für die Versammlung (einschließlich der Tagesordnung) müssen der Einladung nicht beigefügt sein. Diese müssen spätestens drei Tage vor der Versammlung nachgeschickt werden.
Alle Gesellschafter haben ein Teilnahmerecht und müssen eingeladen werden. Dies gilt auch für Gesellschafter, die kein Stimmrecht haben. Der nicht eingeladene Gesellschafter kann die Beschlüsse anfechten. Die Gesellschafter können sich vertreten lassen. Die Vollmacht muss schriftlich vorliegen. Der (bloße) Geschäftsführer selbst hat kein Teilnahmerecht. Verlangen die Gesellschafter seine Teilnahme, muss er teilnehmen. Andere Personen können von den Gesellschaftern zugelassen werden.
Die Tagesordnung muss mindestens drei Tage vor der Versammlung bekannt gegeben werden. Die Tagesordnung kann in Textform (z.B. E-Mail) erfolgen, wenn dies im Gesellschaftervertrag vorgesehen ist. Ohne Vorschrift im Gesellschaftervertrag muss die Tagesordnung per eingeschriebenem Brief erfolgen. Es empfiehlt sich in diesem Fall ein Einschreiben mit Rückschein zu nutzen. Die Tagesordnung kann auch bereits mit der Einladung versandt werden. Die einzelnen Beschlussthemen sind genau darzustellen. Ansonsten sind die gefassten Beschlüsse anfechtbar. Vorformulierte Beschlussvorschläge sind empfehlenswert, aber nicht notwendig. Die fehlende Auflistung von Beschlussthemen ist dann unbeachtlich, wenn alle Gesellschafter anwesend und mit der Beschlussfassung einverstanden sind. Die Reihenfolge der Tagesordnungspunkte ist variabel.
Angehängt findest du ein Muster zur Einladung inklusive Tagesordnung.
4. Ablauf der Gesellschafterversammlung
Es empfiehlt sich, einen Versammlungsleiter zu bestellen, wenngleich es nicht zwingend erforderlich ist. Dieser kann vorab in der Satzung oder durch Gesellschafterbeschluss festgelegt werden oder kann von den Gesellschaftern in der Versammlung ernannt werden. Der Versammlungsleiter sorgt dafür, dass die Tagesordnung abgearbeitet wird und die Abstimmung ordnungsgemäß abläuft.
Zu Beginn der Versammlung müssen die ordnungsgemäße Ladung und das Erscheinen der Gesellschafter und die Beschlussfähigkeit überprüft und festgestellt werden. Für die Beschlussfähigkeit ist nur die ordnungsgemäße Einberufung nötig, sofern der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung enthält (in der Regel wird ein Mindestquorum festgesetzt). Die Tagesordnung sollte bestätigt und eventuell ergänzt werden. Zu einer Ergänzung müssen alle Gesellschafter zustimmen. Es empfiehlt sich einen Protokollführer festzulegen (üblicherweise eine andere Person als der Versammlungsleiter). Unter Umständen bietet es sich an, weitere Formalitäten festzulegen, wie beispielsweise die Form der Stimmabgabe, Wortmeldungen, Dauer der Redebeiträge etc.
Die einzelnen Tagesordnungspunkte sind zu besprechen. Der Versammlungsleiter wird jeweils in die Thematik einführen. Dessen Aufgabe ist es dabei, den einzelnen Gesellschaftern das Wort zu erteilen und ggf. zu entziehen, Ordnungsmaßnahmen zu ergreifen und Ähnliches. Ist der Versammlungsleiter selbst Gesellschafter, sollte klar erkennbar sein, wann er Äußerungen als Versammlungsleiter und wann als Gesellschafter tätigt.
Zur Beschlussfassung müssen die Beschlussvorschläge formuliert und darüber abgestimmt werden (in der Regel gibt es vorformulierte Vorschläge). Jeder Euro Beteiligung am Stammkapital gibt eine Stimme. Ein Gesellschafter kann seine Stimmen nur einheitlich ausüben. Im Regelfall entscheidet die einfache Mehrheit. Dies kann im Gesellschaftervertrag aber zu einer anderen Mehrheit geändert werden.
Zwingend nötig ist die qualifizierte Mehrheit bei bestimmten Maßnahmen wie beispielsweise einer Satzungsänderung. Dies kann im Gesellschaftsvertrag nicht geändert werden. Es empfiehlt sich, im Gesellschaftsvertrag zu den Mehrheitserfordernissen klare Regelungen aufzunehmen. Es bietet sich an, die Abstimmungsergebnisse in der unmittelbaren Mitschrift detailliert festzuhalten, um sie im nachbereiteten Protokoll dokumentieren zu können.
Muster für Gesellschafterbeschlüsse zur Kapitalerhöhung und Gewinnverteilung findest du im Anhang zu dieser Karte.
5. Nachbereitung
Im Anschluss an die Gesellschafterversammlung sollte das ausführliche Protokoll erstellt werden. Verpflichtend ist die Protokollierung mit Unterschrift nur für Beschlüsse in der Ein-Mann-GmbH. Die Gesellschafter haben darüber hinaus kein Recht, eine Abschrift zu erhalten. Sie können aber in das Protokoll Einsicht nehmen. Es empfiehlt sich dennoch, den Gesellschaftern eine Abschrift des Protokolls zu senden. Ein Versand per E-Mail genügt.
Das Protokoll sollte enthalten:
- Ort, Datum
- Namen von Versammlungsleiter und Protokollführer
- Teilnehmerverzeichnis mit Anwesenheitszeiten und Stimmkraft; ggf. Sonderrechte einzelner Teilnehmer (z.B. Sperrminoritäten)
- Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung der Versammlung und der Beschlussfähigkeit; ggf. Verzicht auf Form- und Fristvorschriften
- Feststellung der ordnungsgemäßen Vertretung von Gesellschaftern
- Tagesordnung
- Art der Abstimmung
- Beschlussinhalt und -ergebnis, evtl. Widersprüche durch Gesellschafter, ggf. Bedarf der notariellen Beurkundung
- Weisungen der Gesellschafter an die Geschäftsführer
- Kurzfassungen der Redebeiträge
- Sonstige Besonderheiten
- Nach Möglichkeit Festlegung des Zeitpunkts der nächsten Gesellschafterversammlung
- Unterschriften von Versammlungsleiter und Protokollführer
- Anlagen
Sofern die Gesellschafter das Protokoll unterzeichnen oder nicht innerhalb einer angemessenen Frist widersprechen (i.d.R. ein Monat), gilt dies als Zustimmung zum Inhalt des Protokolls.
Eventuell müssen Gesellschafterbeschlüsse zum Handelsregister angemeldet werden, wie beispielsweise Satzungsänderungen oder Bestellungen und Abberufungen von Geschäftsführern. In der Regel veranlasst dies der Notar, der bei der Beurkundung der Beschlüsse anwesend war.
Der Geschäftsführer sollte über die Beschlüsse und Geschehnisse informiert werden, wenn er nicht selbst anwesend war.
6. Was gibt es im Netz?
Weitere nützliche Artikel zur Gesellschafterversammlung findest Du hier.
Ausführlicher Artikel zur Durchführung ordentlicher und außerordentlicher Gesellschafterversammlungen bei Für Gründer:
Dreiteilige Serie bei Dr. Purrucker & Partner zur Gesellschafterversammlung mit wertvollen Hinweisen auf typische Fehler und wie man sie vermeidet:
Schließlich kannst Du zur Abrundung den Artikel des IWW Instituts zu dem Thema lesen.
Es gibt noch viele weitere nützliche Artikel zum Thema “Durchführung einer Gesellschafterversammlung” – einfachen googlen, wenn Du noch weiteren Informationsbedarf hast. Gute Videos zu dem Thema haben wir leider nicht gefunden, sind aber für Hinweise dankbar.
Und zum Schluss noch einmal der Hinweis des Anfangs. Wenn Du Dich nach diesem Beitrag noch unsicher fühlen solltest oder spezielle rechtliche Situationen auftreten, solltest Du auf jeden Fall einen sachkundigen Rechtsbeistand zu der Versammlung hinzuziehen.
Weitere Mustertexte (Gesellschafterbeschlüsse und Protokoll der Gesellschafterversammlung) findest Du auf www.worklean.com. Registriere dich kostenlos, finde sie in unseren Vorlagen und lade sie kostenlos herunter. Wenn Du Fragen dazu hast, wir helfen Dir gerne. worklean.com/support oder 015128292080.
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